Amount of Verses: 36

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بسم الله الرحمن الرحيم
83:1ويل للمطففينWehe den Doppelmoralischen!

Die Sure beginnt mit einer scharfen Warnung: „Wehe den Doppelmoralischen!“ Das arabische Wort المطففين (al-muṭaffifīn) geht über bloßes Schummeln hinaus – es bezeichnet Menschen, die systematisch mit zweierlei Maß messen. Sie fordern, was ihnen zusteht, genau und kompromisslos – aber wenn es darum geht, anderen gerecht zu werden, kürzen sie ab, verdrehen, täuschen.

Diese Haltung ist nicht einfach Betrug – sie ist Heuchelei auf struktureller Ebene. Doppelmoral bedeutet: Man hält sich für den Maßstab, während man anderen nicht dasselbe zugesteht. Genau das wird hier angeklagt.

Die starke Eröffnung der Sure zeigt: Dieses Verhalten ist nicht nur unethisch – es untergräbt das Fundament einer gerechten Gesellschaft. Und weil es sich nicht um einzelne Ausrutscher handelt, sondern um eine gewollte Haltung, ist die Reaktion unmissverständlich: Wehe! – ein drohendes Zeichen für das, was folgen wird, wenn keine Umkehr geschieht.

83:2الذين إذا اكتالوا على الناس يستوفونDiejenigen, die, wenn sie von den Menschen zumessen lassen, es sich voll auffüllen lassen

Die Beschreibung der Doppelmoralischen wird hier konkretisiert: Sie achten genau darauf, dass sie selbst nicht zu kurz kommen. Sie verlangen Präzision, wenn es um ihren eigenen Vorteil geht. Ihr Augenmerk liegt nicht auf Fairness, sondern auf maximalem Ertrag – für sich selbst.

Die Formulierung zeigt: Es geht nicht um einen Einzelfall oder um eine einmalige Nachlässigkeit. Es geht um ein Muster, um ein Verhalten, das sich wiederholt – eine Haltung, die Anspruch und Pflicht auseinanderreißt. Der Maßstab wird verschoben – je nachdem, ob man gibt oder nimmt.

Diese Doppelmoral ist deshalb so schwerwiegend, weil sie soziale Beziehungen vergiftet. Wer nur auf sein eigenes Recht pocht, aber das Recht des anderen ignoriert, zerstört Vertrauen. Es ist eine stille Form der Ungerechtigkeit, die nicht laut schreit, aber langfristig das Miteinander zersetzt.

83:3وإذا كالوهم أو وزنوهم يخسرونWährend sie, wenn sie selbst zumessen oder abwiegen, Verluste zufügen

Nun zeigt sich die Kehrseite ihres Verhaltens: Während sie für sich selbst Genauigkeit fordern, fügen sie anderen Verluste zu – bewusst, systematisch. Es geht nicht um einen Irrtum oder ein Versehen. Hier wird absichtlich das Maß verkürzt, das Gewicht reduziert, das Ergebnis manipuliert.

Das eigentliche Problem ist nicht nur materieller Betrug, sondern das Prinzip: Was sie für sich beanspruchen, gewähren sie anderen nicht. Es ist ein Machtspiel, ein gezielter Bruch des Vertrauens. Ihr Maßstab ist nicht Wahrheit oder Gerechtigkeit, sondern Vorteil – für sich selbst, auf Kosten der anderen.

Diese Form der Ungerechtigkeit ist besonders gefährlich, weil sie sich hinter Routine und Alltag versteckt. Es sind nicht große Verbrechen, sondern kleine Verzerrungen – aber mit großer Wirkung. Was zerstört wird, ist nicht nur materieller Wert, sondern soziale Ordnung und gegenseitiger Respekt.

83:4ألا يظن أولئك أنهم مبعوثونVermuten solche nicht, dass sie ins Leben zurückgeschickt werden

Die Aussage erhält eine noch tiefere Schärfe: Diese Menschen leben, als gäbe es kein Zurück in die Verantwortung. „Ins Leben zurückgeschickt“ zu werden, bedeutet: Das, was begonnen wurde, wird nicht vergessen. Es endet nicht mit dem Tod. Es wird fortgeführt – und zwar auf einer Ebene, auf der nichts mehr verborgen bleibt.

Die Doppelmoralischen handeln, als gäbe es keine Fortsetzung, kein Wiedersehen mit den eigenen Taten. Aber das Bild ist eindeutig: Es gibt eine Rückkehr. Nicht zum alten Leben, sondern zur Wahrheit über das Leben – in einer Form, die alles offenlegt.

Diese Rückkehr ist keine Wiederholung, sondern eine Offenbarung: Der Mensch wird nicht nur zurückgeschickt, sondern konfrontiert. Mit sich selbst, mit seiner Bilanz, mit dem, was er aus seinem Leben gemacht hat. Wer das verdrängt, lebt verzerrt. Wer es ernst nimmt, handelt anders.

83:5ليوم عظيمZu einem gewaltigen Tag

Die Rückkehr geschieht nicht beiläufig – sie führt zu einem gewaltigen Tag. Das Wort „gewaltig“ (ʿaẓīm) verweist nicht nur auf Größe im Raum oder auf Länge in der Zeit, sondern auf Bedeutung, Gewicht, Erschütterung. Es ist ein Tag, der alles umfasst und nichts auslässt.

Dieser Tag ist nicht nur eine Zeitmarke, sondern ein Wendepunkt: Die Wahrheit wird nicht mehr vermutet, sondern gesehen. Alle Verschiebungen, Verzerrungen, Verdrängungen verlieren ihre Wirkung. Diejenigen, die ihre Verantwortung verdrängten, treffen auf die Wirklichkeit, der sie zu entkommen versuchten.

Dass dieser Tag so betont wird, zeigt: Er ist nicht zu vergleichen mit irgendeinem diesseitigen Erlebnis. Er ist weder ein gewöhnliches Ende noch ein Neuanfang – er ist die Aufdeckung des eigentlichen Zustands, den das Leben selbst vorbereitet hat.

83:6يوم يقوم الناس لرب العلمينAn dem Tag, an dem die Menschen vor dem Herrn der Welten stehen werden

Die Beschreibung wird nun konkret: An diesem gewaltigen Tag stehen die Menschen „vor dem Herrn der Welten“. Es ist keine symbolische Begegnung – sondern eine direkte Konfrontation mit der höchsten Instanz. Nichts vermittelt, nichts abgeschirmt, nichts verborgen.

„Stehen“ bedeutet hier: sich verantworten, nicht entkommen können, sich zeigen müssen – so, wie man wirklich ist. Vor dem Herrn der Welten zu stehen heißt: nicht vor einem Teilaspekt, nicht vor einer lokalen Instanz, sondern vor dem, der alles sieht, alles weiß, alles erschaffen hat.

Der Ausdruck „Herr der Welten“ erinnert daran, dass es keine höhere Berufung gibt – keine Instanz, zu der man noch fliehen oder appellieren könnte. Alles ist nun klar, und jede Seele steht in der Wahrheit, die sie zuvor verdrängt, ignoriert oder angenommen hat.

83:7كلا إن كتب الفجار لفى سجينNein! Gewiss, die Schrift der Frevler befindet sich ja in Gefangenschaft

Die Aussage erhält durch die präzise Formulierung eine tiefere Bedeutung: Nicht nur die Frevler selbst – ihre „Schrift“ ist in Gefangenschaft. Das bedeutet: Ihre Bilanz, ihr Lebensprotokoll, das, was sie hinterlassen haben, ist festgehalten – aber nicht in Freiheit. Es ist eingeschlossen, begrenzt, festgebunden.

Diese „Schrift“ ist nicht einfach ein neutrales Dokument. Sie spiegelt nicht nur Taten – sie enthält Haltung, Absicht, Wirkung. Dass sie sich in Gefangenschaft befindet, zeigt: Es gibt keine Öffnung, keine Aufwertung, keinen Spielraum mehr. Die Wahrheit über ihr Leben ist da – aber sie dient nicht zur Befreiung, sondern bleibt begrenzt und angeklagt.

Die Formulierung macht klar: Der Mensch ist nicht losgelöst von dem, was er hinterlässt. Seine Taten schreiben sich in eine Realität ein, die über ihn hinausreicht. Und an jenem Tag ist diese Schrift nicht vergessen, nicht gelöscht – sondern aktiv, sichtbar, wirksam.

83:8وما أدرىك ما سجينUnd was lässt dich erfahren, was die Gefangenschaft ist?

Nun wird die Aufmerksamkeit auf den Begriff selbst gelenkt: „Was lässt dich erfahren, was die Gefangenschaft ist?“ Diese Frage signalisiert, dass es sich nicht um eine bloße Metapher oder äußere Einschränkung handelt. Es geht um einen Zustand, der tiefer reicht – den man nicht einfach versteht, ohne ihn zu erleben.

Die Gefangenschaft der Schrift steht nicht für einen Ort, sondern für eine Wahrheit, die nicht mehr verändert werden kann. Sie ist festgesetzt, abgeschlossen, unwiderruflich. Sie enthält nicht nur Taten, sondern das, was dahinter steht: Absicht, Verantwortung, Weigerung zur Umkehr.

Dass die Bedeutung dieser Gefangenschaft nicht erklärt, sondern nur angedeutet wird, zeigt: Ihre Tragweite entzieht sich dem Alltagsbewusstsein. Sie ist nicht erfassbar durch Worte allein – sondern nur durch Einsicht, durch Konfrontation, durch Erschütterung. Die Frage lädt ein zur Selbstprüfung, bevor es zu spät ist.

83:9كتب مرقومEine nummerierte Schrift

Der Ausdruck „nummerierte Schrift“ könnte auch eine tiefere, strukturierte Realität widerspiegeln: Die Nummerierung steht möglicherweise nicht nur für Präzision, sondern auch für Stufen – für Ebenen, Tore, Zugänge. Im Quran sind die sieben Tore des Infernos erwähnt, denen zwei Tore des Gartens gegenüberstehen. Zusammen ergeben sie eine Gesamtstruktur von neun Zugängen – neun Stufen der Entfaltung oder des Abstiegs.

Wenn diese Perspektive mitgedacht wird, verweist die nummerierte Schrift nicht nur auf das Protokoll von Taten, sondern auf ihre Einordnung in eine umfassende Ordnung: Welche Haltung, welches Maß, welche Auswirkung hat zu welchem „Tor“ geführt? Es ist nicht nur eine Frage des Zählens, sondern des Ordnens – im System der Wirklichkeit.

Diese Sicht eröffnet einen weiteren Aspekt: Die Schrift ist nicht nur Abbild des Vergangenen, sondern weist bereits auf das, was folgt – auf die Stufe, die Konsequenz, den Ort. Sie ist nicht einfach eine Liste – sie ist ein Wegweiser, entstanden aus der eigenen Lebensführung.

83:10ويل يومئذ للمكذبينWehe an jenem Tag den Leugnern

Der Ruf „Wehe an jenem Tag den Leugnern“ ist keine bloße Drohung – er ist der Ausdruck eines Wendepunkts. „An jenem Tag“ markiert den Augenblick, an dem das Verborgene nicht länger geleugnet werden kann. Diejenigen, die vorher alles relativierten, verspotteten, ignorierten – stehen nun vor einer Wirklichkeit, die sich nicht abweisen lässt.

Die Leugnung war kein Mangel an Information, sondern eine bewusste Entscheidung gegen Verantwortung. Das „Wehe“ gilt nicht nur für das, was folgt, sondern für das, was sichtbar wird: dass ihr ganzes Weltbild zusammenbricht. Die Realität, die sie verdrängten, ist nun unausweichlich.

Dieser Ausruf markiert nicht nur Konsequenz, sondern auch Gerechtigkeit: Es trifft nicht wahllos. Es trifft diejenigen, die wussten – und trotzdem abwiesen. Nicht aus Unkenntnis, sondern aus Stolz, aus Bequemlichkeit, aus Berechnung. Nun aber ist der Moment gekommen, in dem das Gesehene nicht mehr verneint werden kann.

83:11الذين يكذبون بيوم الدينDiejenigen, die den Tag der Lebensordnung leugnen

Die Leugnung richtet sich nicht gegen ein Konzept, sondern gegen den Tag der Lebensordnung – yaum ad-dīn. Es ist jener Tag, an dem alles sichtbar wird, was verborgen war. Wer ihn leugnet, weist nicht nur einen künftigen Zeitpunkt zurück, sondern verweigert sich der Idee, dass es eine übergeordnete Gerechtigkeit gibt.

Der Ausdruck „Tag der Lebensordnung“ zeigt: Es geht nicht nur um ein Gericht, sondern um die Offenbarung einer Struktur, die das gesamte Leben durchzieht. Wer diesen Tag leugnet, lebt, als gäbe es keine Konsequenz, keinen Maßstab, kein Ziel.

Diese Haltung ist nicht bloß intellektuelle Skepsis – sie formt das ganze Leben. Sie entbindet vom Verantwortungsgefühl, vom Maßnehmen, vom Mitdenken. Wer den Tag der Ordnung leugnet, leugnet zugleich die Verpflichtung gegenüber dem Anderen – und damit das Wesen der Gerechtigkeit selbst.

83:12وما يكذب به إلا كل معتد أثيمDoch keiner leugnet ihn, außer jedem Übertreter, voller Sünde

Die Aussage wird zugespitzt: Es ist nicht jeder, der Zweifel hat – es ist jeder Übertreter, voller Sünde, der diesen Tag leugnet. Die Ablehnung der Lebensordnung ist nicht neutral, sondern Ausdruck einer bestimmten Lebensweise. Es ist kein intellektuelles Problem – es ist ein moralisches.

Der „Übertreter“ ist jemand, der bewusst Grenzen missachtet, nicht aus Unwissen, sondern aus Entscheidung. „Voller Sünde“ zeigt, dass dies nicht gelegentlich geschieht, sondern systematisch. Diese Person lebt jenseits der Ordnung – und will auch keine Ordnung anerkennen, die über ihr steht.

Die Leugnung des Tages ist also nicht Folge von Zweifel, sondern von Interessen. Wer diesen Tag leugnet, tut es, weil er ihn stört. Weil er eine Wirklichkeit schafft, die nicht kontrollierbar ist. Die Aussage zeigt: Die Ablehnung des Tags ist keine Schwäche – sie ist eine Haltung.

83:13إذا تتلى عليه ءايتنا قال أسطير الأولينWenn ihm unsere Zeichen vorgetragen werden, sagt er: Mythen der Ersten

Das Wort Mythen (asāṭīr) verweist auf Erzählungen, die als Fantasie, als Legende, als kulturelles Erbe abgetan werden. Der Leugner erkennt die Zeichen also nicht als Offenbarung oder Wahrheit – sondern stuft sie ab zu alten Geschichten, ohne Gültigkeit.

Diese Haltung ist mehr als Skepsis – sie ist bewusste Abwehr. Der Begriff „Mythen“ schafft Distanz. Was als Zeichen kam, wird zu etwas Vergangenem erklärt – irrelevant, symbolisch, entwertet. Die eigentliche Botschaft wird dadurch nicht diskutiert, sondern pauschal entkräftet.

Das zeigt: Die Ablehnung geschieht nicht aus Mangel an Verstand, sondern aus Weigerung, Konsequenzen zu ziehen. Die Zeichen stören. Deshalb werden sie in eine Schublade gelegt, die keine Reaktion mehr fordert. Es ist nicht nur eine intellektuelle Geste – es ist ein Schutzmechanismus gegen Wahrheit.

83:14كلا بل ران على قلوبهم ما كانوا يكسبونNein! Vielmehr hat sich das, was sie zu erwerben pflegten, über ihre Herzen gelegt

Die Ablehnung der Zeichen wird nun tiefer erklärt: Sie ist kein Missverständnis – sie ist Folge eines inneren Zustands. Was sich über die Herzen gelegt hat, ist nicht von außen gekommen, sondern das Ergebnis ihres eigenen Tuns: „was sie zu erwerben pflegten“.

Das Herz ist im Quran nicht nur Sitz der Gefühle, sondern der Einsicht, der Bereitschaft zur Wahrheit. Dass es „bedeckt“ ist, zeigt: Es gibt eine innere Schicht, die Erkenntnis verhindert. Und diese Schicht ist gewachsen – nicht durch Zufall, sondern durch Lebensführung.

Was sie „erworben“ haben, steht nicht nur für Taten, sondern für Haltungen, Entscheidungen, Werte. Diese haben sich verdichtet – bis sie wie ein Schleier wirken. Die Leugnung ist also nicht spontan. Sie ist das Resultat eines langen inneren Weges – in dem sich Ablehnung normalisiert hat.

83:15كلا إنهم عن ربهم يومئذ لمحجوبونNein! Gewiss, sie sind an jenem Tag von ihrem Herrn abgeschirmt

Die Konsequenz ihres inneren Zustands zeigt sich nun in äußerer Trennung: Sie sind „an jenem Tag von ihrem Herrn abgeschirmt“. Diese Abschirmung ist keine Strafe im klassischen Sinn – sie ist die endgültige Folge eines Lebens, das sich bewusst verschlossen hat.

Die Abschirmung bedeutet: Keine Nähe, keine Verbindung, keine Sicht. Sie erleben nicht die Präsenz, sondern die Entfernung. Und genau das ist der Kern ihrer Entbehrung: Nicht Hitze, nicht Schmerz – sondern der Verlust der Beziehung, der Ausschluss vom Ursprung allen Lebens.

Diese Entfernung ist nicht willkürlich – sie ist Spiegel ihrer Haltung. Wer sich im Leben systematisch gegen Wahrheit, Ordnung und Gerechtigkeit abschottete, dem wird nun nicht plötzlich geöffnet. Es wird sichtbar, was immer schon war – nur jetzt ohne Schleier.

Die Abschirmung ist somit keine Strafe „von außen“, sondern die Aufdeckung des inneren Zustands – endgültig, unausweichlich, vollkommen gerecht.

83:16ثم إنهم لصالوا الجحيمDanach sind sie gewiss dem Inferno ausgesetzt

Nach der klaren Aussage im vorherigen Vers, dass ihnen jegliche Nähe zu ihrem Herrn verwehrt bleibt, folgt nun die unausweichliche Konsequenz: Sie sind dem Inferno ausgesetzt. Die Formulierung „danach“ zeigt eine direkte Abfolge: Zuerst die Trennung von Gott, dann das Ausgeliefertsein an das Feuer. Das Wort „ausgesetzt“ bedeutet hier, dass sie dem Inferno schutzlos gegenüberstehen – ohne Fluchtmöglichkeit, ohne Schutz, ohne Erbarmen.

Diese Darstellung verdeutlicht: Wer sich durch sein Handeln und seine Haltung von der Wahrheit entfernt, versiegelt sein Schicksal selbst. Das Inferno ist nicht einfach nur ein Ort der Strafe – es ist das Resultat einer bewussten Abkehr von der göttlichen Ordnung, wie sie in den vorherigen Versen beschrieben wurde.

83:17ثم يقال هذا الذى كنتم به تكذبونDann wird gesagt: Das ist, was ihr zu leugnen pflegtet

Direkt nach der Aussage, dass sie dem Inferno ausgesetzt sind, folgt nun die Konfrontation mit der Wahrheit: „Das ist, was ihr zu leugnen pflegtet.“ Die Formulierung bringt eine bittere Ironie zum Ausdruck – jetzt stehen sie der Realität gegenüber, die sie einst verspottet oder ignoriert haben. Es ist ein Augenblick der Erkenntnis, aber zu spät, um noch etwas zu ändern.

Das Wort „pflegtet“ verweist darauf, dass das Leugnen keine einmalige Tat war, sondern ein andauerndes Verhalten – bewusst, wiederholt und hartnäckig. Ihnen wird nun vor Augen geführt, dass genau das, was sie verneint haben, tatsächlich eintritt. Der Satz entlarvt ihre Verweigerungshaltung und zeigt die Gerechtigkeit Gottes: Was sie verdrängten, hat sich erfüllt.

83:18كلا إن كتب الأبرار لفى عليينNein! Gewiss, die Schrift der Redlichen befindet sich ja in den Höhen

Mit diesem Wechsel beginnt der zweite Teil der Gegenüberstellung: Nach dem Abstieg der Leugner folgt nun der Aufstieg der Aufrichtigen. Ihre Taten sind nicht nur akzeptiert, sondern auf höchster Ebene festgehalten – in einem Bereich, der mit Reinheit, Licht und Ehre verbunden ist. Der Ausdruck „in den Höhen“ steht für eine geistige Ebene jenseits der materiellen Welt, wo Wahrheit und Gerechtigkeit unverfälscht bestehen.

Hier wird deutlich: Was der Mensch im Verborgenen tut, bleibt nicht unbemerkt. Jeder Schritt, der aufrichtig und im Einklang mit der göttlichen Ordnung geschieht, wird gewürdigt. Es ist ein stiller, aber machtvoller Kontrast zur vorherigen Szene – statt Verhüllung und Strafe, gibt es Klarheit und Anerkennung.

83:19وما أدرىك ما عليونUnd was lässt dich erfahren, was die Höhen sind?

Diese rhetorische Frage lenkt unsere Aufmerksamkeit bewusst auf etwas, das weit über das gewöhnliche Verständnis hinausgeht. Es ist ein Stilmittel, das im Quran mehrfach verwendet wird, um zu zeigen: Was nun folgt, hat eine außergewöhnliche Bedeutung. Die „Höhen“ sind nicht einfach nur ein Ort – sie stehen für eine Dimension des Lichts, der Wahrheit und der göttlichen Ordnung.

Dass gefragt wird, „was dich erfahren lässt“, betont, dass der Mensch von sich aus keinen Zugang zu dieser Ebene hat. Es ist Wissen, das nur durch Offenbarung erreichbar ist. Damit wird der Rahmen gesetzt für das, was unmittelbar danach beschrieben wird – eine Erklärung, die diesen erhabenen Zustand greifbar machen soll.

83:20كتب مرقومEine nummerierte Schrift

Dass nun auch die Aufzeichnungen der Redlichen als „nummerierte Schrift“ bezeichnet werden, verweist auf dieselbe tiefere Ordnung, die bereits im Zusammenhang mit den Schuldigen in Siehe Vers 83:9 angedeutet wurde – jedoch in entgegengesetzter Richtung. Es geht nicht einfach nur um eine Sammlung von Taten, sondern um ihre präzise Einordnung in ein vielschichtiges System der Wirklichkeit. Die Nummerierung symbolisiert Stufen, Ebenen – auch Zugänge zu höheren Dimensionen.

Während in Siehe Vers 83:9 diese Struktur zur „Ordnungszelle“ für Schuldige führt, also zum Ort der Gefangenschaft, ist sie hier Ausdruck einer Aufwärtsbewegung. Die Schrift der Redlichen ist nicht nur exakt festgehalten, sondern bereits richtungsweisend – sie zeigt, welche Haltung zur Erhöhung geführt hat. Es ist wie ein geistiger Code: nicht nur Rückblick, sondern Vorausweisung. Ihre Schrift ordnet sie in eine höhere Wirklichkeit ein, die aus ihrem eigenen Leben hervorgegangen ist.

Dass „Wir“ sie festhalten, macht deutlich: Diese Ordnung stammt nicht vom Menschen, sondern ist Ausdruck göttlicher Gerechtigkeit und Vollständigkeit. Es wird nichts vergessen – aber auch nichts übersehen, was zur Erhöhung beiträgt.

83:21يشهده المقربونDie die Nahestehenden bezeugen

Nun wird deutlich, dass die nummerierte Schrift der Redlichen nicht im Verborgenen bleibt – die Nahestehenden bezeugen sie. Diese Zeugen sind nicht einfach Beobachter, sondern Teil eines größeren Systems göttlicher Ordnung. Wer „nahestehend“ ist, befindet sich im Bereich des Vertrauens, der Reinheit und der Nähe zur göttlichen Wahrheit. Das kann sich sowohl auf Engel beziehen als auch auf Wesen, die in der Struktur der höheren Welt verankert sind.

Ihr Zeugnis bedeutet: Die Redlichen sind nicht auf sich allein gestellt. Ihre Taten werden nicht nur aufgezeichnet, sondern öffentlich bestätigt – in einer Welt, in der kein Irrtum und keine Fälschung möglich ist. Diese Bezeugung verleiht der Aufzeichnung zusätzliche Würde: Was sie getan haben, ist sichtbar und anerkannt – durch Instanzen, die Gott nahe sind. Damit erhält ihr Weg nicht nur Gewicht, sondern auch Rückhalt.

83:22إن الأبرار لفى نعيمGewiss, die Redlichen sind ja in Wonne

Nach der Beschreibung ihrer erhöhten Aufzeichnung und der Bezeugung durch die Nahestehenden folgt nun der eigentliche Zustand der Redlichen: Sie sind in Wonne. Das Wort steht für einen Zustand vollkommener Zufriedenheit, innerer Ruhe und überfließender Freude – ein Zustand, der nicht durch äußere Umstände, sondern durch tiefere Wirklichkeit getragen ist.

Dieser Abschnitt zeigt: Die Anerkennung ihrer Taten ist nicht nur theoretisch oder symbolisch – sie schlägt sich konkret nieder in einem Dasein, das von Leichtigkeit und Erfüllung geprägt ist. Es handelt sich dabei nicht um eine flüchtige Belohnung, sondern um ein dauerhaftes Verweilen in einem Zustand des Wohlseins, das aus der Verbindung mit der göttlichen Ordnung hervorgeht.

Damit schließt sich ein Bogen: Wer gerecht lebt, wird nicht nur registriert und bezeugt – er wird verwandelt. Inmitten aller früheren Prüfungen zeigt sich nun, was Bestand hat: Wonne als Ausdruck vollkommener Ausgeglichenheit.

83:23على الأرائك ينظرونAuf Sesseln schauen sie umher

Die Beschreibung wird jetzt konkreter: Ihre Wonne äußert sich nicht nur im inneren Zustand, sondern auch in ihrer Umgebung. Sie sitzen auf Sesseln und schauen umher. Dieses Bild steht für Ruhe, Ehre und Weite – sie sind nicht gedrängt oder eingeschränkt, sondern frei und erhoben. Der Sessel ist Symbol für Stabilität und Anerkennung; darauf zu sitzen bedeutet, in einer Position der Würde zu sein.

Das „Umherschauen“ deutet nicht auf Unruhe, sondern auf Gelassenheit: Sie blicken frei, unbesorgt, offen – ohne Furcht vor Bedrohung oder Verlust. In dieser Szene spiegelt sich das genaue Gegenteil dessen, was die Schuldigen erfahren haben: Keine Enge, kein Feuer, kein Ausschluss, sondern Raum, Überblick und Ruhe. Die äußere Erhöhung zeigt, was innerlich längst gewachsen ist – ein Zustand tiefer Freiheit.

83:24تعرف فى وجوههم نضرة النعيمDu erkennst in ihren Gesichtern das Strahlen der Wonne

Nun richtet sich der Blick auf das Innerste – das, was nicht gesagt, sondern gesehen wird: In ihren Gesichtern liegt das Strahlen der Wonne. Es ist keine aufgesetzte Freude, sondern etwas, das aus ihrem Innern hervorleuchtet. Dieses Strahlen ist Ausdruck einer vollkommenen Übereinstimmung von Zustand und Identität – sie sind Wonne, nicht nur umgeben von ihr.

Dass man es in den Gesichtern erkennt, zeigt: Es gibt nichts mehr zu verstecken, nichts mehr zu verbergen. Was früher im Verborgenen lag – die Hingabe, die Aufrichtigkeit, das stille Vertrauen – tritt nun sichtbar hervor. Ihre Gesichter werden zu Spiegeln dessen, was sie empfangen haben. In dieser Klarheit liegt eine Würde, die nicht erzwungen ist, sondern hervorgeht aus der Harmonie mit der Wahrheit.

83:25يسقون من رحيق مختومMan lässt sie von versiegeltem Nektar trinken

Es heißt nicht, dass sie selbst trinken, sondern: Man lässt sie trinken – das betont, dass es eine bewusste Zuwendung von außen ist. Sie erhalten die Gabe nicht zufällig oder automatisch, sondern als ehrenvolle Zuteilung. Und was ihnen gereicht wird, ist „versiegelter Nektar“ – ein Hinweis auf Reinheit, Schutz und Unverfälschtheit.

Die Versiegelung trägt dabei eine doppelte Bedeutung: Einerseits zeigt sie, dass dieser Nektar ausschließlich für sie bestimmt ist – kein anderer hatte Zugriff darauf. Andererseits verweist sie auf den Moment der Öffnung: Erst jetzt, in diesem Zustand der Erfüllung, wird ihnen etwas zugänglich, das zuvor verborgen und aufbewahrt war. Es ist die Krönung ihrer Haltung – sie werden nicht nur anerkannt, sondern beschenkt mit etwas, das über jede weltliche Erfahrung hinausgeht.

83:26ختمه مسك وفى ذلك فليتنافس المتنفسونDessen Siegel Moschus ist. Und darum sollen die Wetteifernden wetteifern

Der Nektar, den man ihnen zu trinken gibt, ist nicht nur versiegelt – sein Siegel ist Moschus. Das bedeutet: Schon der Moment des Öffnens verströmt einen Duft von besonderer Reinheit und Kostbarkeit. Moschus ist im Quran mehrfach Symbol für etwas Erlesenes, das nicht künstlich, sondern natürlich und tief wirkt. Dass genau dieses Aroma das Siegel bildet, zeigt: Die Gabe ist nicht nur vollkommen, sondern auch in ihrer letzten Hülle edel.

Die Folge daraus: Darum sollen die Wetteifernden wetteifern. Diese Aussage richtet sich nun direkt an uns – an jene, die noch auf dem Weg sind. Sie ist wie ein Aufruf: Wenn überhaupt um etwas gewetteifert werden soll, dann um dieses Ziel – nicht um Besitz, Ruhm oder Einfluss, sondern um den Zugang zu dem, was wirklich Bestand hat. Das Wetteifern erhält hier eine neue Richtung: nicht gegeneinander, sondern auf das Höchste hin.

83:27ومزاجه من تسنيمUnd seine Mischung ist aus dem Bergland

Die Beschreibung des Nektars wird weiter verfeinert: Seine Mischung ist aus dem Bergland. Das deutet auf einen Ursprung, der hoch, rein und unberührt ist. Im Gegensatz zu einer Quelle im Tal, die durch viele Schichten fließt und Verunreinigungen aufnehmen kann, steht das „Bergland“ für Klarheit, Höhe und Ursprünglichkeit. Was ihnen gereicht wird, stammt also nicht nur aus sicherer Quelle – es kommt aus der Höhe.

Diese Mischung ist keine bloße Beimischung zur Verbesserung des Geschmacks, sondern Ausdruck der Herkunft: Die Wonne, die sie trinken, ist verwoben mit dem, was oben ist – sie ist Ausdruck des Erhobenen. Der Nektar ist nicht nur für sie bereitet, sondern er trägt in sich die Struktur des Erhabenen. So wie sie erhöht wurden, ist auch das, was sie erhalten, von erhöhter Herkunft.

83:28عينا يشرب بها المقربونEine Quelle, bei der die Nahestehenden trinken

Diese letzte Aussage rundet das Bild ab: Es ist eine Quelle, bei der die Nahestehenden trinken. Was ihnen eingeschenkt wird, stammt nicht nur aus einem edlen Ursprung – es ist die gleiche Quelle, aus der auch jene trinken, die Gott am nächsten stehen. Damit wird eine tiefe Verbindung sichtbar: Die Redlichen sind nicht nur Beschenkte, sie treten ein in den Bereich der Nähe, der sonst nur den Auserwählten vorbehalten ist.

Die Quelle steht hier sinnbildlich für Wissen, Reinheit und spirituelle Nahrung. Dass die Nahestehenden – jene, die in der göttlichen Ordnung ganz vorne stehen – dort trinken, macht deutlich: Diese Wonne ist keine bloße Belohnung, sondern Teil einer höheren Wirklichkeit. Wer sich Gott zuwendet, wird nicht außen gehalten – er tritt ein in denselben Strom wie die Hochgestellten.

Diese Stelle markiert einen Höhepunkt: Aus Aufzeichnung wird Anerkennung, aus Anerkennung Wonne, aus Wonne ein Trinken an der Quelle – an derselben Quelle wie die Hochgestellten.

83:29إن الذين أجرموا كانوا من الذين ءامنوا يضحكونGewiss, diejenigen, die verbrecherisch handelten, pflegten über diejenigen, die glaubten, zu lachen

Mit dieser Aussage beginnt eine neue Gegenüberstellung – diesmal rückblickend aus der Perspektive der Welt: Diejenigen, die verbrecherisch handelten, lachten über die Glaubenden. Es ist ein bitteres Bild: Diejenigen, die sich durch ihr Verhalten selbst von der Wahrheit entfernt haben, verspotteten gerade jene, die sich Gott zuwandten.

Dieses Lachen war kein harmloses Spottlachen – es war Ausdruck von Überheblichkeit, von Verachtung gegenüber einer Haltung, die auf Einsicht, Aufrichtigkeit und Konsequenz beruhte. Die Verbrecher lachten, weil sie glaubten, im Recht zu sein, weil sie Maßstäbe umkehrten und die Glaubenden als naiv oder schwach betrachteten. Damit offenbart sich nicht nur ein moralischer Irrtum, sondern ein vollständiger Verlust von Orientierung.

Diese Szene zeigt, wie tief das Missverhältnis zwischen äußerem Urteil und innerer Wirklichkeit sein kann: Diejenigen, die in Wahrheit erhöht sind, wurden einst zum Ziel von Spott – ausgerechnet von jenen, die selbst im Irrtum leben.

83:30وإذا مروا بهم يتغامزونUnd wenn sie an ihnen vorbeigingen, zwinkerten sie sich zu

Die Szene entfaltet ein stilles, aber entlarvendes Bild: Mit ihren Blicken und Gesten zeigten die Spötter nicht nur Verachtung, sondern versicherten sich gegenseitig in ihrer Haltung. Das Zwinkern war ein Zeichen gegenseitiger Bestätigung – ein stummes „wir wissen es besser“ –, obwohl sie in Wahrheit völlig fehlgeleitet waren.

Es war keine offene Auseinandersetzung, sondern ein Verhalten im Schatten, durch Andeutungen, durch Inszenierung. Ihre Arroganz benötigte das Publikum der Gleichgesinnten – nicht, um die Wahrheit zu erkennen, sondern um sich darin zu bestätigen, sie abzulehnen. Diese Geste sagt mehr über ihren inneren Zustand als über die, die sie beobachteten.

83:31وإذا انقلبوا إلى أهلهم انقلبوا فكهينUnd wenn sie zu ihren Leuten umkehrten, kehrten sie witzelnd zurück

Ihr Spott endet nicht bei Gesten – er begleitet sie auch in ihr eigenes Umfeld. Wenn sie zu den Ihren zurückkehren, tragen sie diesen Spott weiter – witzelnd, ironisch, voller Überheblichkeit. Sie machen die Glaubenden zum Gesprächsthema, aber nicht aus Sorge oder Neugier, sondern als Objekt des Spotts, um sich selbst zu erhöhen.

Das zeigt: Ihr Verhalten war nicht zufällig oder momenthaft, sondern Teil ihrer Identität. Selbst im privaten Kreis, unter ihresgleichen, blieb ihre Haltung dieselbe – verspottend, verzerrend, sich über andere erhebend. Der Ausdruck „witzelnd“ deutet darauf hin, dass sie ihre Geringschätzung in unterhaltsame Form kleideten – als wäre Wahrheit ein Witz.

Dieser Umgang mit dem, was heilig ist, offenbart ihre Entfremdung. Sie haben den Ernst des Lebens verkehrt – in Unterhaltung, in Lächerlichkeit, in Spott.

83:32وإذا رأوهم قالوا إن هؤلاء لضالونUnd wenn sie diese sahen, sagten sie: Diese da sind ja Irrende

Ihr Urteil ist eindeutig, aber völlig verkehrt: „Diese da sind ja Irrende.“ Damit entlarvt sich ihre Denkweise vollständig. Sie erkennen die Glaubenden – aber nicht als Standhafte oder Aufrichtige, sondern halten sie für verirrt, fehlgeleitet. Diese Aussage zeigt, wie verdreht ihr Maßstab geworden ist: Was in Wirklichkeit aufrichtig, bewusst und klar ist, erscheint ihnen als Irrweg.

Ihre Verurteilung ist pauschal und herablassend – „diese da“ – ein Ausdruck der Distanz, der Abwertung. Sie schauen nicht hin, um zu verstehen, sondern nur, um zu urteilen. Ihr Urteil basiert nicht auf Erkenntnis, sondern auf Ablehnung der göttlichen Ordnung. Was ihnen fremd ist, erklären sie kurzerhand für falsch.

So wird deutlich: Nicht die Glaubenden sind die Irrenden – sondern jene, die ihr Urteil über das Wahre auf Spott und Oberflächlichkeit gründen.

83:33وما أرسلوا عليهم حفظينDabei wurden sie ihnen nicht als Bewahrer zugesandt

Die vorherige Szene zeigt, wie die Spötter sich herausnehmen, über die Glaubenden zu urteilen – sie erklären sie kurzerhand für Irrende. Doch genau diesem Verhalten setzt Gott hier eine klare Grenze: Sie wurden nicht als Bewahrer gesandt. Das heißt: Sie haben kein Mandat, über andere zu richten, ihre Herzen zu durchleuchten oder ihre Wege zu beurteilen.

„Bewahrer“ – das sind im Quran jene, die beobachten, wachen, aufzeichnen – Engel, die im Dienst Gottes stehen. Doch diese Spötter sind genau das nicht. Ihre Urteile haben keinerlei göttliche Grundlage, keinen Auftrag, keine Berechtigung. Ihre Aussagen entlarven sich als bloße Anmaßung.

Mit dieser Wendung wird ihre Arroganz aufgedeckt: Sie stellen sich über andere, obwohl sie selbst ohne Erkenntnis handeln. Sie beanspruchen eine Rolle, die ihnen nie gegeben wurde – und zeigen damit nur ihre eigene Verirrung.

83:34فاليوم الذين ءامنوا من الكفار يضحكونDoch heute lachen diejenigen, die glaubten, über die Ableugner

Nun kehrt sich das Bild vollständig um: Heute lachen diejenigen, die glaubten, über die Ableugner. Was zuvor verborgen war, wird offenbar – und was einst Anlass für Spott war, wird nun zur Quelle der Freude. Doch dieses Lachen ist nicht aus Häme geboren, sondern Ausdruck einer tieferen Wahrheit: Gerechtigkeit ist eingetreten, die Rollen haben sich geklärt.

Diejenigen, die einst verurteilt wurden, stehen jetzt erhöht. Das Lachen ist kein bloßes Zurückspotten, sondern ein Zeichen dafür, dass sich die Wahrheit durchgesetzt hat. Es ist das Lachen der Erleichterung, der Befreiung, der Bestätigung: Was sie geglaubt, gehofft, durchgestanden haben – es hatte Bestand.

Diese Umkehr enthüllt, wie leer das Urteil der Spötter war – und wie tragfähig die Haltung der Glaubenden ist. Nicht in der Welt, sondern heute – in der abschließenden Wirklichkeit – zeigt sich, wer wirklich erkannt hat.

83:35على الأرائك ينظرونAuf Sesseln schauen sie umher

Das Bild kehrt zurück – diesmal mit einer neuen Bedeutung: Auf Sesseln schauen sie umher. Dieselbe Formulierung, die zuvor die Ruhe und Würde der Redlichen beschrieb, wird nun auf jene angewendet, die einst verspottet wurden. Ihr Sitzen ist Ausdruck der Erhebung, das Umherschauen Zeichen der Freiheit und Übersicht – jedoch jetzt in einem anderen Licht.

Sie sind nicht mehr Objekt des Spotts, sondern Beobachter der Gerechtigkeit. Ihr Blick ist klar, aufgerichtet – nicht aus Rache, sondern aus Gewissheit. Die Sesseln stehen für Standhaftigkeit und Ehre, das Umherschauen für Einsicht und Weite. Wer früher belächelt wurde, ist nun aufgerichtet – nicht durch Macht, sondern durch Wahrheit.

Diese Wiederholung betont: Die Ordnung Gottes ist geschlossen, vollständig, ausgewogen – der Weg der Glaubenden hat zu seiner vollen Entfaltung gefunden.

83:36هل ثوب الكفار ما كانوا يفعلونIst den Ableugnern etwa vergolten worden für das, was sie zu tun pflegten?

Mit dieser abschließenden Frage wird der Kreis vollständig geschlossen: Ist den Ableugnern etwa vergolten worden für das, was sie zu tun pflegten? Die Formulierung klingt rhetorisch – als wäre die Antwort offensichtlich. Ja, sie haben genau das erhalten, was ihrem Verhalten entsprach. Es ist keine Willkür, keine Übertreibung – sondern eine gerechte, präzise Vergeltung.

Das Wort „vergolten“ trägt das Gewicht der Ausgewogenheit: Es geschieht weder zu viel noch zu wenig. Ihre Haltung – Arroganz, Spott, Verurteilung, Ablehnung – hat sich nun in ihr eigenes Urteil verwandelt. Was sie anderen zuschrieben, trifft nun sie selbst. Der Vers stellt nicht Rache in den Mittelpunkt, sondern Gerechtigkeit. Er fragt nicht nach Mitleid, sondern nach Klarheit.

Diese Frage ist nicht für die Verbrecher gestellt – sie richtet sich an die Lesenden: Erkennst du die Ordnung? Siehst du, dass alles seinen Ort findet?

Diese Sure entfaltet eine doppelte Gegenüberstellung: Auf der einen Seite stehen jene, die betrügen, spotten und den Tag der Abrechnung leugnen. Sie werden getrennt, entblößt und dem Inferno ausgesetzt – ihre Taten sind festgehalten in einer Schrift, die zu Gefangenschaft führt (Siehe Vers 83:7). Auf der anderen Seite stehen die Redlichen: Ihre Bilanz ist in den Höhen verzeichnet (Siehe Vers 83:18), ihre Gesichter strahlen, sie trinken von einem reinen Nektar, der den Nahestehenden vorbehalten ist.

Die Surenhälften spiegeln sich: Was die einen verloren haben, ist das, was die anderen empfangen. Spott wird zu Lohn, Überheblichkeit zu Fall, Geduld zu Würde. Am Ende steht ein unausweichlicher Maßstab: Jeder erhält, was seiner Haltung entspricht – nicht mehr, nicht weniger.

5928,5929,5930,5931,5932,5933,5934,5935,5936,5937,5938,5939,5940,5941,5942,5943,5944,5945,5946,5947,5948,5949,5950,5951,5952,5953,5954,5955,5956,5957,5958,5959,5960,5961,5962,5963,
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